Von Kit Klarenberg, 2. Februar 2023, zuerst veröffentlicht auf The Grayzone
Mit einer massiven Polizeirazzia wurden extremistische Pläne zum Sturz der deutschen Regierung vereitelt. Der Zeitpunkt des Anschlags und seine Absurdität warfen jedoch die Frage auf, ob der Staatssicherheit eine Rolle beim Anstiften des Anschlags zukam - etwas, das in der Vergangenheit in Deutschland schon oft vorgekommen ist.
Am Morgen des 7. Dezember 2022 führten die deutschen Sicherheitsbehörden die größte Polizeirazzia ihrer Geschichte durch. 3.000 Beamte stürmten 130 Objekte in fast ganz Deutschland sowie in Österreich und Italien.
Nach Abschluss der Razzia wurden 25 Personen wegen eines geplanten Umsturzes der deutschen Regierung verhaftet. Ihnen wurde vorgeworfen, die Stürmung des Parlaments, die Verhaftung von Abgeordneten und die gewaltsame Wiederherstellung der Monarchie unter der Führung des Adligen Heinrich XIII. von Reuss geplant zu haben.
Eine genauere Untersuchung der Polizeiaktion und ihres Zeitpunkts wirft jedoch ernsthafte Fragen über die Legitimität des angeblichen Staatsstreichs auf und darüber, ob der deutsche Sicherheitsstaat eine Rolle bei der Anstiftung dazu gespielt hat. Sollte dies der Fall sein, würde dies in das historische Muster der Unterwanderung extremistischer Bewegungen durch die Regierung seit der Nachkriegszeit passen. Im Jahr 2003 sah sich ein deutsches Gericht gezwungen, ein Verfahren gegen eine berüchtigte Neonazi-Gruppe einzustellen, als es feststellte, dass die Organisation zumindest teilweise, wenn nicht sogar vollständig, von staatlichem Vermögen kontrolliert wurde.
Die Verdächtigen, die beschuldigt werden, den Umsturz der deutschen Regierung geplant zu haben, gehören einer Bewegung an, die als Reichsbürger bekannt ist. Diese Gruppe lehnt die Legitimität der Bundesrepublik Deutschland ab und behauptet, das Land sei in Wirklichkeit kein souveräner Staat, sondern ein von den USA und Großbritannien nach dem Zweiten Weltkrieg gegründetes Unternehmen.
Das ist nur ein bemerkenswerter Aspekt eines Ereignisses, das so sehr von absurden Elementen und Schlagzeilen durchzogen ist, dass es wie maßgeschneidert scheint, um die Medien in Aufruhr zu versetzen. Ein prominenter Gourmetkoch, der angeworben wurde, um "die Kantinen des neuen Deutschen Reiches zu übernehmen", ist unter den Verhafteten, ebenso wie ein ehemaliger Abgeordneter der rechtsgerichteten Alternative für Deutschland (AfD). Ebenso wie eine russische Staatsbürgerin, die Freundin von Reuss, die Berichten zufolge die Moskauer Botschaft in Deutschland kontaktiert hat, um über eine neue Weltordnung nach dem Putsch zu diskutieren.
Die Behörden hatten sich eindeutig vorgenommen, das Interesse der Medien zu wecken, indem sie Journalisten einluden, die Razzien in Echtzeit zu dokumentieren, und so dafür sorgten, dass die Medien in aller Welt sofort mit Fotos von den in Handschellen abgeführten Verschwörern versorgt wurden. Insgesamt wurden 125 Beamte für jeden Verdächtigen eingesetzt, der zur Befragung festgenommen wurde - ein offensichtlich außerordentliches, exzessives Verhältnis.
In Anbetracht der Schnelligkeit, mit der große deutsche Nachrichtenmedien wie Der Spiegel ausführliche und lange Berichte über die Razzien veröffentlichten, wurde sogar vermutet, dass bestimmte Artikel bereits vor der Polizeirazzia vorbereitet wurden und dass Journalisten und Redakteure schon seit einiger Zeit auf diesen Tag gewartet hatten. In einem inzwischen gelöschten Tweet sagte der ARD-Journalist Georg Heil am 6. Dezember voraus: "Ich vermute, dass es morgen eine Menge 'exklusiver' Nachrichten geben wird." [Anm. d. Übers.: Der Link im Originalartikel führt zur Kalenderübersicht im Internetarchiv. Direkt zum Snapshot des Tweets von Heil geht es hier.]
Zahlreiche Regierungsvertreter haben aggressiv darauf hingewiesen, dass es sich bei den Verschwörern "nicht um harmlose Verrückte" handelt, und die Medien haben den Putsch mit äußerster Ernsthaftigkeit behandelt. Die Deutsche Welle hat jedoch eingeräumt, dass die Reichsbürger nicht einmal eine annähernd realistische Aussicht auf einen Sturz der Regierung hatten. Ganz allgemein räumte die DW ein, dass ein Staatsstreich "in Deutschland kaum gelingen" könne, da "die staatliche Ordnung und die Verfassung zu solide sind".
Obwohl bei den Polizeirazzien nur eine Handvoll Waffen beschlagnahmt wurde, hat Innenministerin Nancy Faeser erklärt, dass die ohnehin schon strengen deutschen Waffengesetze als Reaktion auf den angeblich vereitelten Aufstand noch weiter verschärft werden sollen. Es ist so gut wie sicher, dass die Berliner Sicherheits- und Nachrichtendienste mehr Möglichkeiten zur Überwachung und Belästigung der Bürger und zur Unterdrückung von Unruhen erhalten werden, da sie sehr opportunistisch sind, wenn es darum geht, abweichende Meinungen zu politisch sinnvollen Zeitpunkten zu kriminalisieren.
Im April 2021, als sich die deutsche Regierung darauf vorbereitete, gegen den entschiedenen Widerstand der Öffentlichkeit und einer Vielzahl von Parteien des gesamten politischen Spektrums schärfere Pandemie-Restriktionen zu verhängen, richtete der Berliner Inlandsgeheimdienst, das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV), eine neue, spezielle Überwachungskategorie für Lockdown-Gegner ein.
Die Behörde argumentierte, dass der Widerstand gegen den Lockdown eine subversive Bedrohung für den Staat darstelle, aber nicht unter bereits bestehende Kategorien wie Rechtsextremismus, Linksextremismus oder islamischer Terrorismus falle.
Mit diesem Schritt wurde jegliche Agitation gegen Lockdowns in Deutschland faktisch verboten, während jeder als extremistisch eingestuft wurde, der wegen solcher Aktivitäten verhaftet wurde - von denen es zu diesem Zeitpunkt bereits Tausende gab, obwohl das deutsche Verfassungsgericht ein Jahr zuvor entschieden hatte, dass die Beschränkungen des Covid-19-Gesetzes nicht für Demonstrationen gelten.
Es garantierte dem Verfassungsschutz auch erweiterte Befugnisse und bürokratische Ressourcen, die es im Dezember dieses Jahres bei der Zerschlagung des angeblichen Aufstandsplans der Reichsbürger unter Beweis stellte.
Deutschlands Regierung infiltriert die Rechtsextremen
Die überwiegende Fokussierung der deutschen Medien auf den angeblichen "rechtsextremen" Charakter der Reichsbürger-Verschwörer ist bemerkenswert, da nach Berechnungen des BfV von den geschätzten 21.000 Anhängern in Deutschland nur etwa fünf Prozent "rechtsextrem" sind.
Diese Zahlen mögen ungewöhnlich spezifisch erscheinen, aber das BfV ist in der Lage, sie mit einem hohen Maß an Sicherheit zu kennen. Tatsächlich ist die Überwachung und Infiltration der deutschen Rechtsextremisten durch die Behörde so umfangreich, dass die Bewegung zumindest teilweise vom Staat gesteuert und sogar finanziert wird.
Diese beunruhigende Realität wurde im Januar 2001 deutlich, als alle Teile der deutschen Regierung beantragten, dass das Bundesverfassungsgericht in Berlin die ultranationalistische Nationaldemokratische Partei (NPD) untersucht und feststellt, ob sie verfassungswidrig ist. Ihr Ziel war es, die Partei ganz zu verbieten.
Das daraufhin eingeleitete Verfahren wurde 2003 eingestellt, nachdem das Bundesverfassungsgericht festgestellt hatte, dass viele Mitglieder und Granden der NPD - darunter mindestens 30 ihrer prominentesten Vertreter - verdeckte Ermittler oder Informanten des Verfassungsschutzes waren. Darüber hinaus beruhte ein Großteil der Anklage der Regierung gegen die Partei auf Aussagen und Veröffentlichungen von Personen, die auf der Gehaltsliste der Behörde standen. Ein antisemitisches NPD-Pamphlet, das in den dem Gericht vorgelegten Beweisen eine wichtige Rolle spielte, wurde beispielsweise von einem verdeckten Ermittler verfasst.
Das Gericht entschied daher, dass es unmöglich war, festzustellen, welche der Partei zugeschriebenen Äußerungen, Veröffentlichungen und Handlungen vom Verfassungsschutz beeinflusst worden waren. Ermittler vermuteten, dass die Aktivitäten der NPD vom Verfassungsschutz bewusst und aktiv gesteuert wurden, um das Verbot der Partei zu unterstützen.
Diese Erklärung ist höchst unplausibel, da der Verfassungsschutz 2011 erneut ein Verbot der NPD mit der Begründung ablehnte, dafür müsste er sein 130-köpfiges Netzwerk von Informanten in der Partei deaktivieren - die Hälfte davon Neonazis, die unschätzbare Informationen über eine Reihe von geheimen rechten Bewegungen lieferten.
Ebenso unplausibel ist, dass die Verschwörer erst im April dieses Jahres durch die Verhaftung von vier Mitgliedern der Reichsbürger-Untergruppe "Vereinigte Patrioten" erstmals ins Blickfeld des Verfassungsschutzes geraten seien, wie die gängige Darstellung des "Putsches" behauptet. Sie sollen sich verschworen haben, Kraftwerke zu zerstören, um einen landesweiten Stromausfall herbeizuführen, und Gesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen.
Die Reichsbürger waren schon seit Jahren im Visier des BfV. Im März 2020, nach einer Schießerei in Hanau, bei der neun Migranten starben, wurde die Gruppe von der Bundesregierung verboten und mehrere ihrer Mitglieder wurden festgenommen.
Im Verfassungsschutz-Jahresbericht 2021 wird die extremistische Gruppierung an prominenter Stelle erwähnt, ebenso wie die Covid-19-skeptische Querdenken-Bewegung, mit der die Verschwörer ebenfalls in Verbindung gebracht werden. Letztere wurde vom BfV in seiner offiziellen Begründung für die Schaffung einer neuen Überwachungskategorie für Lockdown-Gegner ausdrücklich genannt.
Die "Putschisten" standen also unwiderlegbar mit einer Reihe von Gruppen in Verbindung, die nach offiziellen Angaben vom BfV intensiv überwacht wurden. Diese Gruppierungen wären demnach stark von Agenten und Informanten durchdrungen gewesen, die über jeden Schritt ihrer Mitglieder berichteten. Im Falle der AfD bedeutet ihre Einstufung als verdächtige extremistische Gruppe, dass die private Kommunikation aller Personen, die mit ihr in Verbindung stehen, rigoros aufgezeichnet und gespeichert wird.
Der aristokratische Reichsbürger-Führer Reuss und seine Mitstreiter sollen nach den Verhaftungen der Mitglieder der Untergruppe Vereinigte Patrioten ins Visier des BfV geraten sein. "Schon sehr früh", so Behördenpräsident Thomas Haldenwang, habe der Verfassungsschutz "einen sehr klaren Überblick über deren Pläne gehabt".
Die Behörden hatten ihre Kommunikation und Kontakte von diesem Zeitpunkt an genau überwacht, Informationen über das größere Netzwerk, in dem sie operierten, gesammelt und Fälle gegen sie aufgebaut. Wenn sie wirklich eine ernsthafte, unmittelbare Bedrohung für die verfassungsmäßige Ordnung Deutschlands darstellten oder ihre Pläne dazu bereits weit entwickelt waren und kurz vor der Verwirklichung standen, hätte man sicherlich schon viel früher Maßnahmen ergreifen können.
Haldenwang behauptet, das BfV habe in Echtzeit beobachtet, wie der Plan "immer konkreter wurde und Waffen beschafft wurden." Die Frage, ob Provokateure des BfV die Verschwörer in dieser Zeit in ihren Aufstandsphantasien bestärkt und/oder unterstützt haben, bleibt offen und offensichtlich.
Immerhin boten die acht Monate, in denen sich die Handlung entwickelte, reichlich Zeit, um Agenten in eine Gruppe einzuschleusen oder sie anzuwerben.
Nach rasantem Medienrummel verschwindet der "Putsch" aus den Schlagzeilen
Einer der bemerkenswertesten Aspekte des "Putsches" ist, wie schnell er nach der ersten Serie von Razzien aus den Schlagzeilen verschwunden ist. Nach einer Flut von minütlichen Berichten hat ein Ereignis von angeblich seismischer, historischer Bedeutung - von Bloomberg-Kolumnist Andreas Kluth als Abwendung eines "Vierten Reiches" durch Berlin bezeichnet - aufgehört, für die Journalisten der Leitmedien, von Interesse zu sein, einschließlich derjenigen in Deutschland selbst.
Nach einem so erschreckenden Ereignis, bei dem Deutschland angeblich vor der Wiederkehr Hitlers gerettet wurde, hätte man mehr reißerische Details über den großen Plan der Verschwörer erwarten können. Zumindest hätten einige der versprochenen Verhaftungen anderer Mitglieder der extremistischen Zelle inzwischen erfolgen müssen.
Doch abgesehen von einer Reihe geschlossener Bundestagssitzungen am 12. Dezember, in denen behauptet wurde, die Verschwörer hätten von der Schaffung von 280 paramilitärischen Einheiten geträumt, die nach dem Sturz der Regierung Menschen "verhaften und hinrichten" sollten, sind die Behörden seit dem 7. Dezember ausgesprochen wortkarg geblieben. Es liegt in der Natur der Sache, dass die etablierten Nachrichtenmedien dem Beispiel des Staates gefolgt sind und den "Putsch" fast vollständig aus ihrem Blickfeld verschwinden ließen.
Das plötzliche Desinteresse der Medien an der Reichsbürgerverschwörung erinnert an eine andere angebliche rechtsextreme Putschverschwörung in Deutschland. Im April 2017 wurde das Land mit Berichten über einen 28-jährigen Bundeswehrsoldaten, bekannt als "Franco A", überschwemmt, der festgenommen worden war, weil er gewalttätige Angriffe auf deutsche Politiker, Aktivisten und Journalisten geplant hatte.
Franco A, der als führendes Mitglied der rechtsextremen Terrorgruppe Nordkreuz dargestellt wird, soll sich im Dezember 2015 bei den deutschen Behörden als syrischer Flüchtling registriert haben. Angeblich wollte er absichtlich seine Fingerabdrücke an den Tatorten schwerer Verbrechen hinterlassen, in der Hoffnung, dass diese seiner syrischen Identität zugeschrieben werden und dadurch landesweit gewalttätige Reaktionen gegen Einwanderer auslösen.
Später erklärten die Behörden, die Ermittlungen gegen Franco A. hätten ergeben, dass er nur ein Teil eines viel umfassenderen Komplotts des deutschen Elitekommandos Spezialkräfte (KSK) gewesen sei, das auf den "Tag X" abzielte, an dem eine Reihe deutscher Politiker entführt und hingerichtet werden sollte.
Der Fall löste einen internationalen Aufschrei und eine breite öffentliche Debatte darüber aus, inwieweit die Bundeswehr von gefährlichem, revolutionärem rechtsextremem Gedankengut infiziert worden war. Die offizielle Untersuchung führte jedoch zu nichts.
Im November 2017, sechs Monate nach seiner Verhaftung, wurde Franco A. aus der Untersuchungshaft entlassen, da der Berliner Bundesgerichtshof urteilte: "Die bisherigen Ermittlungsergebnisse begründen nicht den dringenden Verdacht, dass eine schwere staatsgefährdende Tat in Vorbereitung war."
Auch bei einer drei Monate zuvor durchgeführten Razzia in der KSK-Zentrale konnten keine Hinweise auf staatsfeindliche Absichten oder Aktivitäten von KSK-Mitarbeitern gefunden werden. Da die Polizei zu dem Schluss kam, dass das Fehlen von Beweisen kein Beweis für das Fehlen von Beweisen ist, vermutete sie, dass das Kommando im Voraus gewarnt worden war, und klagte prompt einen als Peter W. bekannten Soldaten an (den sie beschuldigte, heimlich die rechtsextreme Gruppe Hannibal zu leiten), den Verdächtigen geholfen zu haben, ihre Spuren zu verwischen.
Peter W. wurde im März 2019 ordnungsgemäß freigesprochen und dient offenbar bis heute in der deutschen Bundeswehr. Er argumentierte vor Gericht erfolgreich, dass Anhänger der SPD im deutschen Justizministerium seinen Fall grob übertrieben und verzerrt dargestellt hätten, um die regierende CDU-geführte Regierung aus wahltaktischen Gründen in Verlegenheit zu bringen.
In der Zwischenzeit wurde der mutmaßliche Anführer und Gründer von Nordkreuz, ein erfahrener Polizeischarfschütze und Schießausbilder, bekannt als "Marko G", im Dezember desselben Jahres zu einer Bewährungsstrafe von 21 Monaten verurteilt. Obwohl in seiner Wohnung Waffen und Munition gefunden wurden, wurde das Arsenal als weitgehend legal eingestuft, und mehrere "verfassungsfeindliche" Äußerungen, die er in einem privaten Gruppenchat gemacht hatte, deuteten weder auf die Absicht hin, die Regierung zu stürzen, noch Terroranschläge zu verüben.
Franco A. wurde schließlich im Juli 2022 wegen illegalen Waffenbesitzes und Betrugs zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt. Konkrete Beweise für eine konzertierte Aktion, geschweige denn für den Wunsch, die deutsche Regierung zu stürzen, wurden nie erbracht. In der Zwischenzeit wurde das KSK reorganisiert und teilweise aufgelöst, da in ihren Reihen Rechtsextremismus vermutet wurde, obwohl keine weiteren Verhaftungen vorgenommen wurden.
Kehrt die "Strategie der Spannung" nach Europa zurück?
Das Schreckgespenst eines geheimen faschistischen Netzwerks, das die Macht in Berlin durch aufrührerische Gewalt an sich reißen will, wird von deutschen Behörden, Politikern und Journalisten schon lange gerne beschworen. Es besteht zwar kaum ein Zweifel daran, dass es im modernen Deutschland eine große Zahl von Neonazis und Faschisten gibt, von denen zumindest einige gewalttätig und gefährlich sind, doch haben sie kaum eine Chance, die verfassungsmäßige Ordnung des Landes zu gefährden.
Richtig ist auch, dass diese extremistischen Kräfte im Militär und in den Sicherheitsdiensten gut vertreten sind. Im November 2018 wurde Verfassungsschutz-Chef Hans-Georg Maaßen wegen der Verbreitung rassistischer Verschwörungstheorien entlassen. Damals wurde spekuliert, dass seine politischen Ansichten dazu geführt haben könnten, dass die Behörde während seiner sechsjährigen Amtszeit die Augen vor den Aktivitäten der rechtsextremen Szene des Landes verschlossen hat.
Maaßens Vorgänger Heinz Fromm fiel ebenfalls in Ungnade, nachdem bekannt wurde, dass der Verfassungsschutz Akten über den Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), eine neonazistische Terrorgruppe, die ein Jahrzehnt lang ungestraft Morde, Banküberfälle und Bombenanschläge in ganz Deutschland verübte, geschreddert hatte.
Bis heute stellt sich die Frage, ob der NSU aktiv vor Ermittlungen und Ergreifung durch den Staatsschutz des BfV geschützt wurde. Unklar ist auch, warum ein Mitarbeiter der Behörde, der wegen seiner rechtsextremen Gesinnung von Spionagekollegen als "Kleiner Adolf" bezeichnet wurde, am Tatort eines der Morde der Gruppe anwesend war. Bestätigt ist, dass der NSU in direktem, regelmäßigem Kontakt mit vielen BfV-Informanten stand und indirekt über den deutschen Staatsschutz finanzielle Unterstützung von den Behörden erhielt.
Es war nicht das erste Mal, dass Rechtsterroristen in Europa mit buchstäblichen Morden davonkamen. Während des gesamten Kalten Krieges unterhielten britische und amerikanische Spione in Zusammenarbeit mit der NATO ein Netz faschistischer Geheimarmeen, die im Rahmen einer "Strategie der Spannung" zahllose gewalttätige, kriminelle Akte begingen, um die Linken zu diskreditieren und immer größere Sicherheitsmaßnahmen zu rechtfertigen. In Italien wurde dieses Zusammenspiel als Operation Gladio bekannt.
Viele Terroranschläge, die in dieser Zeit verübt wurden, sind entweder offiziell nicht aufgeklärt, oder die mutmaßlichen Täter wurden nie vor Gericht gestellt. Der Gladio-Agent Vincenzo Vinciguerra, der für einen Autobombenanschlag, bei dem drei Polizisten getötet und zwei verletzt wurden, zu lebenslanger Haft verurteilt wurde, erklärte in späteren Jahren, warum dies so war, und legte die "Strategie der Spannung" in allen Einzelheiten offen:
"Man sollte Zivilisten, Frauen, Kinder, unschuldige Menschen außerhalb der politischen Arena angreifen. Der Grund dafür war einfach: Man wollte die Öffentlichkeit dazu zwingen, sich an den Staat zu wenden und mehr Sicherheit zu verlangen... Die Menschen würden bereitwillig ihre Freiheit gegen die Sicherheit eintauschen, auf die Straße gehen zu können, mit dem Zug zu fahren oder eine Bank zu betreten. Dies war die politische Logik hinter den Bombenanschlägen. Sie bleiben ungesühnt, weil der Staat sich nicht selbst verurteilen kann."
Vinciguerras Worte klingen vor dem Hintergrund des jüngsten Reichsbürger-"Putsches" deutlich an, denn die angebliche Verschwörung hätte für die deutsche Regierung zu keinem günstigeren Zeitpunkt kommen können. Das ganze Jahr 2022 hindurch zeigten sich Beamte in Berlin offen verängstigt über die Aussicht auf Massenunruhen aufgrund der steigenden Lebenshaltungs- und Energiekosten. Obwohl in den Leitmedien kaum darüber berichtet wurde, haben Großproteste an Umfang und Häufigkeit zugenommen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat die Situation als "Pulverfass für die Gesellschaft" bezeichnet.
Es ist nicht unwahrscheinlich, dass das Land in naher Zukunft in eine tiefe, zermürbende Rezession fallen wird; einige Analysten sagen sogar die Deindustrialisierung des Landes voraus. Die öffentliche Zustimmung zu Scholz' Regierung ist bereits deutlich gesunken. Die AfD, die sich gegen die Bewaffnung der Ukraine und gegen Sanktionen gegen Russland ausspricht, hat dagegen in den Umfragen fast neue Rekorde erreicht und ist auf dem besten Weg, bei mehreren Landtagswahlen im Jahr 2024 den ersten Platz zu belegen.
Da die westlichen Regierungen nicht mehr in der Lage sind, die Covid-19-Pandemie auszunutzen, um abweichende Meinungen zu unterdrücken, die Bürger hinter unliebsamen Regierungen zu versammeln und die Systeme für Überwachung und sozialen Kontrolle auszubauen, schüren die Geheimdienste in ganz Europa und Nordamerika erneut die Angst vor Terrorismus, um ihre Bevölkerungen in Angst und Schrecken zu versetzen und sie gefügig zu machen - dieses Mal in Form von einheimischen, rechtsextremen Elementen.
Hätten deutsche Spione einen Terroranschlag unter falscher Flagge planen wollen, der ein Maximum an visueller und politischer Wirkung erzielt, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden, hätte der "Coup", den sie am 7. Dezember so heldenhaft vereitelten, nicht besser konzipiert werden können.
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Im Originalartikel sind weitere Bildbelege im Text eingebettet.
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