Das Meinungsforschungsinstitut YouGov hat eine Umfrage unter 2000 wahlberechtigten Erwachsenen durchgeführt. Man wollte wissen:
"Einmal angenommen, es würde sich ein militärischer Angriff auf Deutschland abzeichnen, vergleichbar mit dem im Februar 2022 begonnenen russischen Angriff auf die Ukraine. Was glauben Sie, würden Sie persönlich in einer solchen Situation am ehesten tun?"
Das Ergebnis, das in fast allen Überschriften des heutigen Morgens prominent herausgestellt wird: "Jeder Zehnte ist bereit zum Kriegsdienst", titeln etwa Der Spiegel, Die Welt, das Handelsblatt, oder auch der Kölner Stadt-Anzeiger.
Genauer: 11 Prozent der Befragten äußerten sich dahingehend, bei der Stichprobe also ca. 220 Personen. Noch genauer: 5 Prozent (ca. 100 Personen) würden sich freiwillig zum Dienst an der Waffe melden, die anderen 6 Prozent (ca. 120 Personen) erwarteten lediglich, dass sie für den Dienst eingezogen und ausgebildet werden. Mit wie viel Kampfgeist sie dem Dienst für's Vaterland entgegenfiebern, steht auf einem anderen Blatt, "Erwartungen" allein müssen da nicht viel heißen.
Anders ausgedrückt: Um die 90 Prozent der Befragten - die verbleibenden 1780 Personen - sind also nicht oder nicht explizit gewillt, zur Waffe zu greifen. Dabei stellt sich auch die Frage, wen oder was man im Sinn hat: Sind die Menschen bereit, Deutschland im Sinne von ihrem Zuhause zu verteidigen - oder den Staat, das politische Berlin, zu dem man tendenziell deutlich kritischer stehen kann als zu seinem privaten Umfeld.
Weitere interessante Auffälligkeiten: Die Dienst- oder gar Kampfbereitschaft sei vor allem bei der Generation über 60 ausgeprägt - welche also ohnehin nicht eingezogen würden. Die Jüngeren tendierten hingegen stärker dazu, Deutschland zu verlassen. Erklärungsansätze hierfür wurden bisher nicht benannt.
Wer mit einer Waffe umgehen kann (laut Umfrage 23 Prozent), wolle zwar eher im Land bleiben, aber:
"Die Bereitschaft, sich freiwillig zum Kriegsdienst zu melden, ist bei ihnen auch niedrig, aber immerhin mehr als doppelt so hoch wie bei denjenigen, die nicht schießen können." (Berliner Zeitung)
Außerdem eher bereit zum Kriegsdienst seien Männer und... Grünen-Wähler. Das mag überraschen, wenn man den Eindruck teilt, dass die Grünen bis heute von ihrem Image als Partei der Friedensbewegung zehren. Dass die Parteiführung bzw. Regierungsmitglieder der Grünen ihr Wahlversprechen aus 2021, keine Waffen und Rüstungsgüter in Kriegsgebiete zu schicken, aktuell unbeirrt und wiederholt missachten, ist das eine. Das andere ist dieses Umfrageergebnis:
"Für die Option, das eigene Land im Kriegsfall zu verlassen, entschieden sich etwas mehr junge Menschen als Ältere. Die Bereitschaft mitzuhelfen, wenn auch nicht mit der Waffe in der Hand, ist laut Umfrage bei den über 60-Jährigen, für die ein Kampfeinsatz teils aus gesundheitlichen Gründen ohnehin nicht infrage käme, stärker ausgeprägt als bei den Jüngeren.
Signifikante Unterschiede zwischen Deutschen in Ost und West stellten die Meinungsforscher nicht fest. Männer und Menschen, die angaben, bei der Bundestagswahl 2021 die Grünen gewählt zu haben, waren etwas stärker geneigt, sich bei dem genannten Angriffsszenario freiwillig für den Dienst an der Waffe zu melden als Frauen und Anhänger anderer Parteien."
Das liest man allerdings nicht überall. So steht es etwa bei der Berliner Zeitung, beim Kölner Stadt-Anzeiger und beim Redaktionsnetzwerk Deutschland.
Die gleiche dpa-Passage liest man bei Spiegel, Welt, Handelsblatt, RP oder auch der Börsen-Zeitung in folgender, gekürzter Fassung (Auslassungen von mir hervorgehoben):
"Für die Option, das eigene Land im Kriegsfall zu verlassen, entschieden sich etwas mehr junge Menschen als Ältere. Die Bereitschaft mitzuhelfen, wenn auch nicht mit der Waffe in der Hand, ist laut Umfrage bei den über 60-Jährigen [...] stärker ausgeprägt als bei den Jüngeren. Signifikante Unterschiede zwischen Deutschen in Ost und West stellten die Meinungsforscher dagegen nicht fest.[...]"
Und bei diesen Auslassungen ist es bis jetzt (Stand Freitag, 11:40 Uhr) auch geblieben.
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