Am 11. und 12. Juli 2023 trafen sich im litauischen Vilnius die Mitglieder des NATO-Bündnisses und jene, die es werden wollen. Prominentester Bewerber: Wolodymyr Selenskij, für den eine offizielle Mitgliedschaft bedeuten könnte, dass das westliche Militärbündnis ihm endlich mit vollem Einsatz zur Hilfe im Krieg gegen Russland kommt, anstatt "nur" noch mehr Geld, Ausrüstung und teilweise auch Söldner zu schicken.
Das tatsächliche Ergebnis fiel anders aus als von Kiew erhofft. Die Ukraine ist nicht an Ort und Stelle NATO-Mitglied geworden, was absehbar eine offene Kriegserklärung an Moskau gewesen wäre, in letzter Konsequenz also die Gefahr einer Konfrontation zwischen den Atommächten USA und Russland, die im nuklearen Inferno enden könnte. Wobei wiederum die dritte Atommacht China ebenfalls nicht auf der Seite der USA steht, sondern Russland den Rücken stärken würde, was aber auch nichts an der Logik der atomaren Abschreckung ändert, dass als zweiter stirbt, wer als erster schießt. Zumal die nicht-westlichen Staaten - die globale Mehrheit - auf das atomare Inferno sicher auch gerne verzichtet und lieber eine diplomatische Lösung vorzieht (wie jüngst wieder gesehen bei den Vorbereitungen zum gemeinsamen Gipfel der EU und den lateinamerikanischen und karibischen Staaten (CELAC): Letztere haben alle Punkte, welche die Ukraine betreffen, aus der von der EU vorgelegten Abschlusserklärung gestrichen und Spanien darauf gedrängt, eine Teilnahmeeinladung an Selenskij zurückzunehmen). Der ukrainische Grenzverlauf und die Aufrechterhaltung der Macht des "Wertewestens" ist diesen sicheren Untergang schlicht und ergreifend nicht wert. Das mögen glühende Unterstützer der (Regierung der) Ukraine und notorische Putin-Hasser vielleicht nicht gerne hören, aber so ist nun einmal die Ausgangslage. Bedanken können sie sich dafür bei den Scharfmachern aller Fraktionen, die die Bemühungen einer atomwaffenfreien Vertrauensatmosphäre untergraben und selbst nach dem Zerfall der Sowjetunion lieber weiter eine europäische "Sicherheitsarchitektur" gegen statt mit Russland bis direkt an Russlands Grenzen aufbauen wollten, von der Bundeskanzler Scholz jetzt beklagt, dass Moskau sie gefährdet habe.
Die Ergebnisse von Vilnius
Die Ukraine wurde wie gesagt nicht NATO-Mitglied, stattdessen wurden ein neuer "NATO-Ukraine-Rat" gegründet und (weitere) Militärhilfen versprochen.
Die Ukraine erhält keinen Mitgliedschaftsaktionsplan (MAP), was "den Beitritt der Ukraine einfacher und vor allem schneller [...] gestalten" solle. Das hat Selenskij offiziell begrüßt, ist aber auch kein Durchbruch für den Beitrittsprozess, dazu gleich mehr. Auf Telegram sprach er außerdem von einer unzweideutigen Erklärung, dass die Ukraine Teil der NATO werde. Was den konkreten Zeitpunkt angeht, ist man aber nicht viel weiter als vor dem Gipfel: "Ich glaube, dass wir der NATO beitreten werden, sobald sich die Sicherheitslage stabilisiert hat. Einfach ausgedrückt: Sobald der Krieg vorbei ist, wird die Ukraine definitiv eingeladen, der NATO beizutreten, und die Ukraine wird definitiv Mitglied des Bündnisses werden. Eine andere Meinung habe ich heute noch nicht gehört." Die wird er noch genug hören - aus Moskau. Denn für wie realistisch soll man es bitte halten, dass Kiew diesen Konflikt so gestärkt gewinnt bzw. Moskau so kulant in den Friedensprozess einsteigt, dass die russische Regierung genau das akzeptiert, was sie unmittelbar vor der Invasion dem Westen schriftlich als rote Linie benannt hat, siehe u.a. explizit die Forderung in Artikel 4 des betreffenden Vertragsentwurfs vom 17. Dezember 2021 auf der Seite des russischen Verteidigungsministeriums: "Die Vereinigten Staaten von Amerika verpflichten sich, eine weitere Osterweiterung der Nordatlantikvertrags-Organisation [=NATO] zu verhindern und den Staaten der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken [= auch der Ukraine] den Beitritt zum Bündnis zu verweigern. Die Vereinigten Staaten von Amerika werden im Hoheitsgebiet der Staaten der ehemaligen Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken, die nicht Mitglieder der Nordatlantikvertrags-Organisation sind, keine Militärstützpunkte errichten, ihre Infrastruktur nicht für militärische Aktivitäten nutzen und keine bilaterale militärische Zusammenarbeit mit ihnen entwickeln." Es gibt also drei Möglichkeiten, warum man einer ukrainischen Regierung, die mittlerweile finanziell komplett vom Westen abhängig ist und längst keine nennenswerten Erfolge auf dem Schlachtfeld mehr vorweisen kann, so etwas in Aussicht stellt: Entweder man glaubt tatsächlich, dass Kiew durch ein Wunder bzw. mit noch mehr der gleichen westlichen Hilfsmittel das Ruder herumdreht... oder man möchte Moskau provozieren, sich nicht bloß auf die Befestigung der südostukrainischen Besatzungsgebiete zu beschränken, sondern die Ukraine als eigenständigen Staat komplett zu zerschlagen... oder man meint es mit dem "Garantiert-Vielleicht-Irgendwann-Mal"-Beitritt doch nicht so ernst. Zumal statt eines MAP, 2008 beim NATO-Gipfel in Bukarest noch als "direkter Weg zur Mitgliedschaft" (s. Ziffer 23 hier) bezeichnet, nun die Rede davon ist, dass man dann am Tag X in der Position sein werde, "eine Einladung an die Ukraine zum Beitritt zum Bündnis auszusprechen, wenn die Bündnispartner zustimmen" und wie auch immer geartete "Bedingungen erfüllt" sind. Spätestens ab deren Nennung hatte Selenskij schon im Vorfeld eigentlich keine Lust mehr... Immerhin die - von Russland sicher ebenso wenig begrüßten, aber indessen auch nicht mehr unerwarteten - bilateralen Sicherheitsgarantien hat man Selenskij in Aussicht gestellt.
Das Zwei-Prozent-Ziel der NATO soll nicht mehr bloß ein Ziel sein, sondern zur Untergrenze werden, wie viel die Mitgliedsstaaten für ihre Verteidigung auszugeben haben. Hieße ausgehend von einem Bruttoinlandsprodukt von 997,86 Milliarden Euro im ersten Quartal 2023, dass Deutschland in Zukunft mindestens knapp 40 Milliarden Euro pro Jahr ins Militär stecken muss. Oder besser gesagt: Auch weiterhin.
Die Türkei sei nun bereit, einer NATO-Mitgliedschaft Schwedens nicht mehr im Weg zu stehen. Fraglich ist, was Erdogan dafür bekommen hat, dass er seine Position diesbezüglich ändert. Stockholm sei wiederum bereit, eine EU-Mitgliedschaft Ankaras voranzutreiben, offiziell hätten beide Prozesse aber nichts miteinander zu tun.
Der nächste Feind sitzt - ebenfalls - im Osten. Zitat Tagesschau: "Das Streben Chinas nach Macht und Einfluss war für die NATO lange kein Thema. Auf Drängen der USA hin hat sich das in den vergangenen Jahren grundlegend geändert. "Die von der Volksrepublik China erklärten Ziele und ihre Politik des Zwangs stellen unsere Interessen, unsere Sicherheit und unsere Werte vor Herausforderungen", heißt es nun in der Abschlusserklärung. Als Gefahr wird insbesondere gesehen, dass die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt versucht, "Schlüsselbereiche der Technologie- und Industriesektoren, kritische Infrastruktur sowie strategisches Material und Lieferketten unter ihre Kontrolle zu bringen". Zudem prangert die NATO böswillige Cyberoperationen, eine konfrontative Rhetorik und Desinformation an. In Reaktion soll nun die Abwehrbereitschaft für den Fall einer Eskalation der aktuellen Konflikte erhöht werden, unter anderem durch einen Ausbau des gemeinsamen Lagebilds." Auf Drängen der größten Volkswirtschaft sieht das von ihr angeführte Militärbündnis plötzlich den Aufstieg der zweitgrößten Volkswirtschaft, zu deren wichtigsten Handelspartnern außerhalb Asiens die EU-Staaten gehören, als Problem an. Chef besagter größten Volkswirtschaft und ihres Militärbündnisses, das "konfrontative Rhetorik anprangert", ist aktuell übrigens immer noch Joe Biden - derselbe Joe Biden, der jüngst seinem eigenen Außenminister in den Rücken fiel, nachdem dieser eine anstrengende Reise nach Peking unternahm, um in mehrstündigen Gesprächen mit der chinesischen Regierung die aufgeheizte Lage zwischen den beiden Nationen wieder Richtung Deeskalation zu manövrieren. Kaum war er wieder zu Hause, zog Joe Biden bei einer Fundraising-Veranstaltung über Xi Jinping her, bezeichnete diesen als Diktator, wärmte die Story um den vermeintlichen chinesischen Spionage-(Wetter-)Ballon nochmal auf und ließ seine Äußerungen auch auf der Internetseite des Weißen Hauses verewigen. Die chinesische Regierung war darüber nicht gerade erfreut.
Nicht offiziell, aber thematisch mit dem NATO-Gipfel verbunden fand übrigens zuvor, am 8. und 9. Juli 2023, der "NAFO-Gipfel" in Vilnius statt. NAFO steht für North Atlantic Fella Organisation und ist eine loser Zusammenschluss von Hardcore-Ukraine-Unterstützern und/oder Russland-Hassern, deren Markenzeichen Profilbilder von Shiba Inus mit individuellen Outfits und Accessoires sind, die s.g. Fellas. Das eigene Fella-Bild kann man beim NAFO-"Gründer" gegen eine Spende für die Georgische Legion erwerben, einer Einheit, die in der Ukraine für Kiew kämpft. Das russische News-Outlet "Meduza", das in Russland als ausländischer Agent registriert ist, berichtete über diesen "Gipfel" einer "Organisation", deren erklärte Hauptaufgabe es sei, russischer Propaganda und Desinformation über den Ukraine-Krieg in Social Media entgegenzutreten. Der Humor dieser Leute, die selbst bisher auf manchen wirkten wie die Trolle einer Internet-PsyOp, ist dabei sehr... zielgruppenspezifisch. Will heißen:
"Ein aufblasbarer Hai war ebenfalls auf der Bühne zu sehen und bezog sich auf einen Haiangriff, bei dem im Juni ein russischer Staatsbürger an einem ägyptischen Strand getötet wurde. Die NAFO erstellte mehrere Memes zu diesem Vorfall und nannte den Hai "den Mitarbeiter des Monats". Dies führte zu Vorwürfen, die Organisation habe sich von ihrem eigentlichen Zweck, der Bekämpfung russischer Propaganda, entfernt und sei dazu übergegangen, Russen im Internet zu entmenschlichen. [...] Die Vorsitzende der Anti-Korruptionsstiftung, Maria Pevchikh, reagierte ebenfalls auf das Hai-Meme: "Feiert der 'NAFO-Gipfel' in Vilnius tatsächlich auf der Bühne den Tod eines Touristen, der von einem Hai gefressen wurde? Moskau mit Humor bekämpfen"? Bin ich die Einzige, die nicht versteht, was daran lustig sein soll, dass ein Mann bei lebendigem Leib gefressen wird?"
Die Aktivitäten von NAFO zogen die Kritik eines anderen Mitarbeiters von Alexey Navalny, Leonid Volkov, auf sich, der die Organisation beschuldigte, "Putin zu helfen". Volkov schrieb auf Twitter: "Putins wichtiger Propaganda-Spruch 'Der Westen unterstützt die Ukraine, weil sie einfach alle Russen töten wollen' wäre verblasst... wenn es nicht die ständige Hilfe der NAFO gäbe."
Am 10. Juli, nach der Veranstaltung, tweetete NAFO: "Was diese russischen Politiker nicht verstehen, ist, dass jede Sekunde, die sie damit verbringen, sich online mit Hunden zu streiten oder sich über ihre 'Online-Belästigung' mit Hai-Memes zu sorgen, Sekunden sind, die sie von ihrer Konzentration auf die Ukraine abziehen. This is what we want. Continue to mald." "
Die Woche nach Vilnius
Was hat sich seit dem NATO-Gipfel in Vilnius noch zugetragen?
Joe Biden hat angekündigt, dass 3000 Reservisten der US-Armee für eine Stationierung in Europa bereitgemacht werden. Diese sollen dem US-amerikanischen European Command (EUCOM) "mehr Flexibilität" verschaffen. Insgesamt seien damit dann 100.000 US-Soldaten in Europa aktiv.
Ebenfalls seien die ersten amerikanischen Streubomben in der Ukraine angekommen. Nach abgeworfenen, herumliegenden Schmetterlingsminen, herumschwimmenden ukrainischen und russischen Seeminen, weggespülten russischen Landminen vor Cherson und staubender britischer Uranmunition ist nun das nächste Mittel im Einsatz, um das umkämpfte Gebiet für Soldaten wie Zivilisten aller Seiten zur verseuchten Todesfalle zu machen - und das teilweise für Jahre bis Jahrzehnte.
Das Getreideabkommen zwischen Kiew und Moskau ist offiziell beendet. Da ukrainisches Getreide in aller Welt benötigt werde, um Hungerprobleme zu vermeiden, hatten sich beide Seiten vor einem Jahr darauf verständigt, dass ukrainische Erzeugnisse trotz des Krieges weiterhin ungestört von der ukrainischen Schwarzmeerküste aus exportiert werden dürfe. Im Gegenzug sollten auch die Sanktionen aufgehoben werden, die den Handel mit russischem Getreide und Düngemittel behindern. Die Sache hatte allerdings einen Haken, der schon relativ frühzeitig auffiel: Das allermeiste ukrainische Getreide wurde mitnichten direkt an bedürftige Länder geliefert, sondern vor allem an zahlungskräftige, was der Ukraine also eine Einnahmequelle geboten hat. Das allein ist schon erstaunlich: Moskau ließ sich ein Jahr lang gefallen, dass die Regierung in Kiew hiermit weiter Geld verdiente, dass sie zur Finanzierung des Krieges einsetzen konnte. Währenddessen man in Deutschland bereits Ärger, wenn man sich nur sehr "indirekt" an der russischen Kriegsfinanzierung "beteiligte"... mit dem Online-Kauf einer CD für 30 Euro bei einem russischen Privatanbieter zum Beispiel. Aber sollte das ukrainische Getreide nicht in hungerbedrohte Entwicklungsländer gehen? Offiziell ja, aber die Einteilung in "Entwicklungsländer" und "entwickelte Länder" ist dabei fragwürdig. So ist China (wir erinnern uns, die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt), das den Löwenanteil von fast 8 Millionen Tonnen Getreideprodukten erhält, dort als "Entwicklungsland" eingetragen. Es folgen: Spanien (fast 6 Millionen Tonnen), das nächste "Entwicklungsland" Türkei (über 3 Millionen Tonnen), auf Platz 4 Italien und Platz 5 die Niederlande (beide um die 2 Millionen Tonnen). Das ist alles in einer interaktiven Tabelle auf der Internetseite der Vereinten Nationen einsehbar. Man kann höchstens indirekt annehmen, dass das Getreide von China und der Türkei aus an bedürftige Länder weiterverschifft wird, um dem Kerngedanken des Abkommens gerecht zu werden. Spanische Schweinezüchter sind hingegen nicht gerade eine bedürftige Gruppe, denen eine Hungersnot in Haus stünde. Auch wurden die Sanktionen, die den Handel mit russischen Getreide- und Düngemitteln behinderten, nicht aufgehoben. Beschwerden darüber aus Moskau weist man im Westen zurück: Es habe nie Sanktionen auf russische Düngemittel gegeben, zumindest nicht direkt. Jedoch wurden Einzelpersonen, die wichtige Positionen in diesem Bereich ausfüllen, mit Sanktionen belegt: "Die westlichen Länder haben als Reaktion auf Moskaus Einmarsch in der Ukraine im vergangenen Jahr keine Sanktionen gegen russische Lebensmittel- und Düngemittelausfuhren verhängt, aber Moskau behauptet, dass seine Ausfuhren behindert werden, weil die Sanktionen es den Händlern erschweren, russische Zahlungen abzuwickeln oder Schiffe und Versicherungen zu erhalten. Auch einige Personen, die mit großen Düngemittelunternehmen in Verbindung stehen, wie der Gründer von EuroChem, Andrey Melnichenko, Dmitry Mazepin von Uralchem und Viatcheselav Kantor von der Acron Group, wurden auf die Sanktionslisten der Europäischen Union gesetzt. Diese Sanktionen haben die Geschäftstätigkeit der Unternehmen erschwert, und mehr als 400 000 Tonnen Düngemittel waren zunächst in den Häfen der Europäischen Union gestrandet, obwohl ein Teil davon inzwischen freigegeben und nach Afrika exportiert wurde." Mit diesen Einzelpersonen wirtschaftlich zu interagieren bedeutete also ein juristisches wie wirtschaftliches Risiko - so funktioniert nun einmal die Abschreckung durch Sanktionen. Auch könnte man der Kritik Moskaus entgegenhalten, dass Russland ja trotzdem seine Agrarprodukte exportieren konnte, wegen der Preissteigerungen sogar mit höheren Gewinnen trotz geringerem Exportvolumen. "Wozu Sanktionen aufheben, die ohnehin nicht so wirken wie geplant?" sozusagen. Nur wäre es sehr verwunderlich, dass Russland sich in der aufgeheizten Stimmung kurz nach Kriegsbeginn mit dem Westen darauf geeinigt hätte, dass der Westen zugunsten der russischen Außenwirtschaft seine Sanktionen aufheben möge, wenn er es für angemessen hält. Diese Staaten haben davon gesprochen, "Russland zu ruinieren", wie Baerbock offen formulierte. Es bleibt also dabei: Wenn Russland gegenüber diesem Westen darauf bestanden hat, dass Sanktionen (und dazu zählen faktisch jene gegen Einzelpersonen) aufgehoben werden, dann garantiert ohne Bedingungen subjektiver Zustimmung der Gegenseite. Abgemacht ist abgemacht, gleiches galt für die Wiederanbindung der staatseigenen russischen Rosselchozbank, über die der russische Agrarsektor finanziell abgedeckt wird, an das SWIFT-System. Bemühungen des UN-Generalsekretärs Antonio Guterres, der russischen Administration wenigstens die SWIFT-Anbindung einer (zu diesem Zweck zu gründenden oder einzurichtenden) Tochterfirma der Rosselchozbank schmackhaft zu machen, konnten Moskau nicht zu einer erneuten Verlängerung des Abkommens bewegen.
Auf dem schon erwähnten gemeinsamen Gipfel mit den CELAC-Staaten hat die EU Argentinien dazu geraten, den BRICS-Staaten doch besser nicht beizutreten, solange der Krieg mit Russland in der Ukraine noch andauert. Das würde ein falsches Signal senden, so die Begründung. Es wäre besser gewesen, die EU-Vertreter hätten sich vor dieser Äußerung selbst auch einmal gefragt, welches Signal sie damit aussenden: Die EU meint, einem anderen Land am anderen Ende der Welt wie Argentinien erzählen zu dürfen, dass dieses keinem politischen und wirtschaftlichen Bündnis, in dem bereits mehrere seiner wichtigsten Handelspartner Mitglied sind, beitreten dürfe. Aber wenn Russland etwas dagegen sagt, dass die Ukraine direkt vor Moskaus Haustür einem Militärbündnis beitritt, dass in Europa eine "Verteidigungsarchitektur" gegen Russland aufbaut, dann sieht die EU darin einen Beleg für Putins imperialistische Fantasien und pocht darauf, dass allein die Ukraine zu entscheiden hat, welchen Bündnissen sie sich anschließen will. Da ist wohl wieder ein verirrter Gärtner im borrell'schen Dschungel auf seine Harke getreten...
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